Versifiziertes

9. Mai – Christi Himmelfahrt ¹

Anlassdichter Kollege KrassNick hat hierzu wiederum ein erbauliches Kalendersprüchlein gereimt, zum Ausschneiden und Sammeln:

    – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –
      Es wunderten sich die Apostel: »Ja, leck!
      Grad war er no da, jetzt isser fei weg!«
    – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –
    © mit freundl. Genehmigung M. Krassnig
¹ nota bene:
In der heutigen Theologie herrscht dahingehend Übereinstimmung, dass „Himmelfahrt“ kein „Ortswechsel“, keine Art „Weltraumstart“ ist und Jesus nicht als „Raketenmann“ dargestellt werden soll. *)

31. März – Existenzphilosophisches

Heute vor 428 Jahren kam der große Denker René Descartes (1596–1650) zur Welt, »cogito, ergo sum« undsoweiter. Kennt man.

Küchenphilosoph Kollege KrassNick reimt über Monsieur Descartes Postulat folgende Verse:

    Es stammt von Herrn René Descartes
    die altbekannte Redensart:
    »cogito, ergo sum«, was wohl
    »ich denk’, drum bin ich« heißen soll.

    Hier taucht die Frage auf: warum
    dann auch ein Depp, welcher zu dumm
    zum Denken ist, es fertigbringt
    dass dem trotzdem zu sein gelingt?

4. November – Epigrammatisches

»Der Gedanke mit den Xenien ist prächtig und muß ausgeführt werden.« ¹
(Friedrich Schiller)

Heute vor 133 Jahren kam der Schriftsteller und Lyriker Alfred Georg Hermann Henschke, genannt Klabund (1890-1928) zur Welt:

Was liest man hier? Es täten Blätter,
dichtet einer da, »wie Schmetter-
linge tot den Boden klopfen«? –
Wer dichtet denn so einen Topfen?
(Klopft das Laub den Boden tot,
tät’ AAT-Kurs dringend not!)
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¹ Als Xenien bezeichnet die Literaturwissenschaft kurze Spottgedichte in Epigrammform mit einem bissigen Sinnspruch.

25. Juni – Die schlesische Nachtigall

Heute vor 195 Jahren kam in Opatów im Osten Preußens die deutsche Dichterin Friederike Kempner (1828-1904) zur Welt, “die schlesische Nach­tigall“ vulgo “der schlesische Schwan“. Fräulein Kempners umfangreiches schriftstellerisches Œuvre blieb von der Literaturkritik weit­­gehend unbeachtet, bleibende Berühmtheit erlangte sie indessen als Lyrikerin: nämlich als Groß­meis­terin der unfreiwilligen Komik, deren abenteuerliche Missgriffe bei Wort­schöp­­­fun­gen, Me­ta­phern und Reimen wie etwa –

    »Amerika, Du Land der Träume,
    Wie schön sind Deine Ko­kos­bäu­me«

– alsbald zahllose Parodien hervorriefen, sogenannte Pseudo-Kempneriana, welche die ver­­­meintliche Verfasserin am Ende berühmter machten als die tatsächlich von ihr selbst ver­­­fass­ten Ori­gi­nalverse, wie z.B. dieser:

    Willst gelangen Du zum Ziele,
    Wohlverdienten Preis gewinnen,
    Muß der Schweiß herunter rinnen
    Von der Decke bis zur Diele!

(Scheint, als habe die schlesische Nachtigall sich zu obi­gen Versen durch ihren Dich­ter­kol­le­­­gen Schiller inspirieren lassen, denn:
    So steht’s im Liede von der Glocke:
    Soll das Werk den Meister loben,
    Rinnen muß der Schweiß von oben
    Von der Stirne bis zur Socke!)
Dass Fräulein Kempners lyrische Hervorbringungen darum so häufige Neuauflagen er­fuh­­­ren, weil ihre Verwandten versuchten alle erreichbaren Exemplare aufzukaufen, um das Ge­­spött darüber einzudämmen, ist ein unbelegtes Gerücht. Belegt ist hingegen, dass der Schrift­­­steller Alfred Kerr seinen Familiennamen Kempner deshalb än­der­te, weil seine Tante Frie­­­de­­rike »die schlech­te­sten je auf diesem Planeten bekanntgewordenen Verse« ge­schrie­ben habe. (Quelle: Wikipedia)
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(vgl.: Klapphornvers)

10. Februar – Alliteratives: Lyrik vs. Logik

»Wenn ich gegen eins was habe, sind’s Fehler, nur dem Reim zulabe!«
(Winfried Kraft) (vermutlich Pseudonym v. Robert Gernhardt)

Heute vor 125 Jahren wurde Bertolt Brecht (1898-1956) geboren, und zwar in Augsburg. (Die rote Socke, tat­sächlich war der ein waschechter Schwabe, was sagt man dazu. Brecht selber mochte seine Ge­burts­stadt allerdings nicht, er sagte: »Das beste an Augsburg ist der Zug nach Mün­chen.« Er blieb nicht lang in Augsburg, wie man weiß.)
In dem Lied »Der Tod im Wald« lässt Brecht den grimmigen Poeten Baal alliterieren:

    »Und ein Mann | starb im Wald, | wo Sturm und Strom ihn umbrausten ..«
    (Anm.: »Selber schuld, | wär’ er halt | bei so ’n Sauwetter nicht draußten ..«
    ließe sich dazu extemporieren ; )

Gegen Stabreime gibts im Prinzip nichts einzuwenden, es sei denn, Lyrik dräut Logik dreist zu verdrängen. Dichterkollege KrassNick lässt nun einen fiktiven Leser beim Autor der be­­tref­fen­den Zeile, Herrn Brecht also, um nähere Erläuterung nachsuchen, und kleidet dessen An­frage hinwiederum in gefällige Endreime – er schreibt:

    Hier ätzt der Leser: »Sie, Herr Brecht,
    als Stabreim klingt der ja nicht schlecht,
    Ihr Vers vom Sturm und Strom im Wald.
    Nur fragt an dieser Stelle halt
    der Leser sich: Wo, bittesehr,
    kommt denn im Wald der Strom daher?«
    Herr Brecht, der denkt nicht lange nach
    und antwortet dem Leser: »Ach,
    der Strom? Der kommt auf alle Fälle
    aus Batterien von Duracelle!«
    ───────────────────────────────────────────
    © mit freundl. Genehmigung M. Krassnig

Auch in seinem Gedicht »Die Vögel warten im Winter vor dem Fenster« lässt Brecht die Lo­gik ver­missen, indem er “vorn“ auf “Korn“ reimt und, was er in einer Lyrikkritik überdies sel­ber mo­nier­te, »damit seinen Wirklichkeitsbezug ne­giert«:

    »Ich bin die Amsel.
    Kinder, ich bin am Ende.
    Und ich war es, die den ganzen Sommer lang
    Früh im Dämmergrau in Nachbars Garten sang.
    Bitte um eine kleine Spende.
    Amsel, komm nach vorn.
    Amsel, hier ist dein Korn.«

Darüber ließe sich wiederum extemporieren:

    Was soll ich, fragt die Amsel nun,
    denn mit dem “Korn“? Ich bin kein Huhn!
    ────────────────────────────────────────────
    (Es fragt der Leser hier zu Recht:
    Meinten Sie wirklich “Korn“, Herr Brecht?
    Weil Amseln, wie man weiß, indessen
    nicht Körner, sondern Würmer fressen.)

13. Dezember – Das Paulus-Projekt

Heute vor 85 Jahren wurde der große Lyriker, Schriftsteller, Zeichner und Humorist Robert Gernhardt (1937-2006) geboren.

Über eine seiner populärsten Versdichtungen, die vielfach kolportierten “Paulus-Briefe“, sagte er in einem SPIEGEL-Interview 1994:

»In meiner Jugend hörte ich Zweizeiler wie “Paulus schrieb an die Korinther: Was nicht davor ist, ist dahinter.“ 30 Jahre später dichtete ich “Paulus schrieb an die Apatschen: Ihr sollt nicht nach der Predigt klatschen“ oder “Paulus schrieb den Irokesen: Euch schreib ich nichts, lernt erst mal lesen“. Weitere 15 Jahre später ließ ein deutscher Studienrat seine Klasse in diesem Sinne weiterdichten, wobei die ebenso schönen wie zeitgemäßen Zeilen entstanden: “Paulus schrieb an die Navajo: Man ißt Oblate nicht mit Majo.“« *)

Unterdessen folgten auf Gernhardts Paulus-Verse zahllose Weiterdichtungen [vgl. dazu auch Klapp­horn­­vers, oder Pseudo-Kempneriana], unter dem Pseudonym “Winfried Kraft“ etwa reimte ver­mut­lich Robert Gernhardt selbst:
    Paulus schrieb an die Apostel:
    “Ich taufe alle Frauen Chrostel!“
    Doch Petrus schrieb in der Epistel:
    “Das heißt nicht Chrostel, sondern Christel.
    Und wenn ich gegen eins was habe,
    Sind’s Fehler, nur dem Reim zulabe!“

2006 rief die Redaktion von “EXOT. Zeitschrift für komische Literatur“ ihre Leserschaft zu einem »Paulus-Projekt zum höheren Ruhme des Robert Gernhardt« auf und versammelte auf diese Weise rund 2000 neue Paulusbriefe, welche auf der Webseite veröffentlicht wurden, mit der Einstellung der Zeitschrift im Dezember 2015 aber leider verloren gingen und nur mehr ver­einzelt wiederzufinden sind (etwa hier, oder hier).

Weitere Paulusbriefe reimten überdies KollegInnen krassNICK et al., siehe Kommentare:

3. November

Heute ist übrigens schon wieder Hausfrauentag.
Hinter jedem großen Dichtersmann steht eine Hausfrau, wie sich ahnen lässt, denn:

Hätte Goethe Suppen schmalzen,
Klöße salzen,
Schiller Pfannen waschen müssen,
Heine nähn, was er verrissen,
Stuben scheuern, Wanzen morden,
Ach die Herren,
Alle wären
Keine großen Dichter worden.
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Emerenz Meier (1874-1928), bayer. Volksdichterin

Hätte wer die Gretchenfrag’
Herrn Goethe einst gestellt: »Nun sag’,
wie hast du’s mit der Hauswirtschaft?«,
so wäre wohl unzweifelhaft
Herrn Goethes Antwort die gewesen,
welche steht allhie zu lesen:
»Kochen, spülen, waschen, nähen?
Fenster putzen, Rasen mähen?
Einkäufe nachhause schleppen,
kehrtags fegen Flur und Treppen? –
Ich tu’ doch nicht, was ich nicht muss!
Wozu hab’ ich Frau Vulpius?«

3. November – Hausfrauentag

Heute ist übrigens schon wieder Hausfrauentag.
(Nicht dass es wiederum Beschwerden hagelt, ich hätt’s ge­wusst aber niemand verraten.)

»Die 10 Gebote der guten Hausfrau:«

»Falle nicht Deinem Mann durch ein Uebermaß von unzeitgemäßen Zärtlichkeiten lästig, wenn er nach vollbrachter Tagesarbeit müde nach Hause kommt, sondern stärke ihn zu­­erst durch ein Gericht mit Bértes’ Gulyás-Zutat, das gibt Kraft und erweckt feurige Küsse.«
(Annonce, in: Wiener Bilder – Illustriertes Familienblatt, 1912)

Bumstis Wunschkonzert

»Wie hätt’ mas denn gern? Sie wünschen, wir spielen!«  (Der Standard)

    Ob Oligarchin oder Scheich,
    wer für uns spendet, ist uns gleich!
    Die Mittel heiligen den Zweck:
    spendiert wer einen Spendenscheck,
    spiel’n für den Spender wir, zackzack!,
    sein Wunschprogramm ganz nach Geschmack.
    Es gilt für uns’re Politik:
    Wer zahlt, für den spielt die Musik!

Reisehinweise

Die Reisebeschränkungen aufgrund der Corona-Krise wurden mittlerweile großteils aufge­­ho­­ben, dennoch gilt es Reisehinweisen zu diversen Destinationen Beachtung zu schen­ken – z.B. Hinweisen für fußläufig Reisende:
    Wanderer, kommst du nach Spa:
    Gib bei Regen acht, denn da
    dringt dir Nässe ins Gewand,
    hast du keinen Schirm zur Hand!

    Hinweis: Auch in den Karpaten
    bleibt des Wand’rers Fuß nicht trocken,
    tut er ohne Schuh’ und Socken
    barfuß durch den Tiefschnee waten!

    (Im Winter sollte man indessen
    auch im Westerwald in Hessen
    auf den Hinweis nicht vergessen:
    niemals gelben Schnee zu essen!)

Herbstbildliches

 (Salzburger Nachrichten)

»Denn ein leiser Laubbläser… Das ergibt keinen Sinn. Dann könnte man das Laub ja genau so gut zusammenkehren und mit der Schippe aufsammeln.« (Mario Thurnes)

Herbstbild
(nach Friedrich Hebbel)

»Dies ist ein Herbsttag, wie ich keinen sah!
Die Luft ist still, als atmete man kaum,
und dennoch fallen raschelnd, fern und nah,
die schönsten Blätter ab von jedem Baum.

O stört sie nicht, die Feier der Natur!« –
Doch ach!, des Dichters Wunsch bleibt unerhört,
von kurzer Dauer ist die Stille nur
und garstig wird sie alsobald gestört:

Stadtreinigungsschergen treten, oh Graus!,
gnadenlos auf mit lautem Getöse,
und machen der Stille grob den Garaus
mit motorisiertem Laubföhngebläse.

30. April: Tag des Wolfes

Einst trieb im Lande Niedersachsen,
wo Autos baut man namens “Golf “,
ein garst’ger Unhold seine Faxen,
man kennt ihn wohl: es war der Wolf.
Zum Vorstand tat man den bestellen.
Bald zog er meuchelnd übers Land
mitsammen seinen Spießgesellen,
worauf er “Würger“ ward genannt.
So kam es, dass nach tausend Tagen
wölfischen Treibens man beschloss,
den Wolf wieder davonzujagen
anstelle dass man tot ihn schoss.
Kommt euch die Sache spanisch vor?
Wer trieb sein Treiben allzu dreist
und seinen Vorstandsjob verlor,
das war der Wolf, der López heißt.

18. April – Versifiziertes: Akzentuiertes

Heute vor 200 Jahren wurde der österreichische Komponist Francesco Ezechiele Ermenegil­do de Suppè geboren, und wer so einen Namen hat braucht für den Spott nicht zu sorgen. Schon im Taufregister wurde sein Familienname fälschlich ohne Akzent als “Suppe“ einge­tragen. Franz von Suppè war mit Gottfried von Bouillon weder verwandt noch verschwä­gert.

    Franz von Suppè (mit Accent auf dem è)
    soupiert’ zum Soupée mitnichten Brühè,
    sondern indessen, man ahnt es wohl schonğ:
    als frankophoner Gourmet stets Bouillonğ.

2. November – Allerseelen

Anlassdichter Kollege KrassNick hat hiezu ein erbauliches Kalendersprüchlein gereimt,
zum Ausschneiden und Sammeln*:

    – –  – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –
      Wenn euch zu Allerseelen
      Herbstdepressionen quälen,
      Lasset den Mut nicht sinksten:
      Bald schon naht wieder Pfingsten!
    – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –
    © mit freundl. Genehmigung M. Krassnig

14. Juli

Heute vor 140 Jahren erblickte der Klapphornvers das Licht der Öffentlichkeit.
Damals sandte ein Amateurpoet seine durchaus ernst gemeinten selbstverfassten Verse an das Münchner Wochenjournal Fliegende Blätter, die aber so un­gewollt grotesk daherkamen, dass sie eben deswegen ver­öf­fent­licht wurden – was eine Flut von spöttischen Nach­dich­tungen aus­lös­te und eine eigen­stän­di­ge Form von Nonsenslyrik etablierte:

    »Zwei Knaben gingen durch das Korn,
    der andere blies das Klappenhorn,
    er konnt’ es zwar nicht ordentlich blasen,
    doch blies er’s wenigstens einigermaßen.«

Sexistisches

Ein angeblich sexistisches Gedicht soll nach dem Willen von Kri­ti­kern von einer Hochschul­wand entfernt werden:

Alleen und Blumen
Blumen und Frauen
Alleen und Frauen
Alleen und Blumen und Frauen und ein Bewunderer

Kritiker Reich-Ranicki: »Es ist ein ekelhaftes Gedicht. [..] Ich sehe keine Reime.« – Ach, der meint gar nicht das Hochschulwand-Gedicht, der meint ein anderes.

Die Kritik an dem Alleen-und-Blumen-Gedicht stammt indessen vom Allgemeinen Stu­die­ren­­den­aus­schuss (AStA) der betreffenden Hochschule, und geht so:

»Ein Mann, der auf die Straßen schaut und Blumen und Frauen bewundert. Dieses Gedicht re­produziert nicht nur eine klassische patriarchale Kunsttradition, [..] es erinnert zudem un­an­ge­nehm an sexuelle Belästigung, der Frauen alltäglich ausgesetzt sind.«

Darauf muss man erstmal kommen. Schau mer mal, ob sich die nämliche Kritik auch auf so manch andere dichterische Hervorbringung münzen lässt, z.B. auf:
    »Mein schönes Fräulein, darf ich wagen, / Meinen Arm und Geleit Ihr anzutragen?«
»Ein alter Sack, der auf der Straße ein fremdes Fräulein anbaggert. Diese Szene re­pro­du­ziert nicht nur eine klassische patriarchale Kunsttradition, es erinnert zudem [usw. blabla ..]«

Sexistisches Machwerk sowas, sollte unverzüglich aus dem deutschen Literaturkanon ent­fernt wer­den und sein Urheber der Ächtung anheimfallen.

Salomonisches

Salomon der Weise spricht:
»Mensch denkt, Gott lenkt«* – doch stimmt dies nicht,
am Bilde oben sieht man’s gut:
es ist nicht Gott, der lenken tut,
sondern der Mensch am Vordersitz.
Der heißt nicht Gott, sondern heißt Schmitz.
* (Sprüche 16, 9)

23. Oktober

Busenwunder Dolly Buster hat heute Geburtstag.
Schreiben kann sie auch: vier Bücher hat sie bereits geschrieben, alle eigenhändig an­geblich. (Wie kann die beim Tippen eigentlich auf die Tastatur sehen?)

Auch über Frau Buster weiß der reimende Kollege KrassNick einen Vers, es ist ein Limerick:

    Es fuhr aus Verseh’n Dolly Buster
    auf einen stehenden Laster,
    ei perplex!, hinten drauf.
    Zwei Airbags gingen auf:
    plopp! plopp! macht’s. Ein echtes Desaster.
    ─────────────────────────────────────────────
    © mit freundl. Genehmigung M. Krassnig

3. Juni

Heute ist übrigens der offizielle UN-Weltfahrradtag.
Haben Sie gewusst, dass Fahrrad auf lateinisch Perpeduum mobile heißt.


»Gott gibt«, wie Herr von Goethe spricht,
»die Nüsse, doch er knackt sie nicht.«
Gott gibt Pedale, aber treten
muss man selbst, da hilft kein beten.

15. Februar

Heute vor 450 Jahren erblickte in Pisa der große Universalgelehrte Galileo Galilei das Licht der Welt, eppur si muove.
Kollege krassNICK reimt:

Die Leute fragten einst in Pisa
Herrn Galilei, was denn dieser
über’s Universum und
den ganzen Rest so alles kund
tun könne? Aber dieser rief
bloß: »Leute, euer Turm steht schief.«

Ins Blaue gereimt (I)

Die Wahlkampf-Verse der Blauen triefen zwar schier vor Originalität und Tiefsinn, die Metrik kommt freilich reichlich verhatscht daher – der Versfuß hinkt nicht bloß, der geht sozusagen am Rollator:

Bekanntlich tummeln sich hieramts der Reimkünstler gar etliche, vielleicht wollen wir dem blauen Herrn Endreimkünstler Kickl bissel unter die Arme greifen, z.B.:

    »Rot & Schwarz ist Stuss und Schitt
    wir Blauen machen Schluss damit«

Noch’n Gedicht

»Ich sehe keine Reime.«  (M. Reich-Ranicki)

Auf ’s neue schrieb mit letzter Tint’
der Dichter ein Gedicht.
Indes, die Reime darin find’t
der Leser wied’rum nicht.

Nun hat Herr Grass erneut ein Gedicht zur aktuellen Krisenlage verfasst und exklusiv in ÖSTERREICHs auflagenzweitstärkster Ver­schenkpostille veröffentlicht. (In der Süd­deutschen stehts übrigens ebenfalls abgedruckt, aber die haben es bestimmt aus besagter Ver­schenk­postille einfach abgeschrieben ohne vorher zu fragen.)

Reimen tut sichs diesmal wieder nicht, vielleicht könnte man dem Dichter bissel unter die Arme greifen. Hieramts tummeln sich bekanntlich der Reimkünstler gar etliche, wie wärs mit einer Aktion: »Leser helfen Herrn Grass beim Reimen«. Vielleicht wird ja noch ein or­dent­li­ches Gedicht daraus – bittesehr:

    Aktion »Leser helfen Herrn Grass beim Reimen«

    Dem Chaos nah, weil dem Markt nicht gerecht,
    bist fern Deinem Wiegenland Du, aber echt.

    Was mit der Seele gesucht, gefunden Dir galt,
    wird abgetan nun, unterm Schrottwert halt.

    Als Schuldner leidet ein Land, nackt an den Pranger gestellt,
    Undank ist bekanntlich der Lohn der Welt.
    (Var.:) Als Schuldner nackt an den Pranger gestellt,
    leidet ein Land, das den Dank nicht erhält.

    (fehlt noch)

    Die mit der Waffen Gewalt das inselgesegnete Land
    heimgesucht, trugen Hölderlin im Tornister zum
    Barras-Gewand.

    (fehlt)

    Rechtloses Land, dem der Rechthaber Macht
    den Gürtel enger schnallt, dass’ nur so kracht.

    Schwarz trägt Antigone Dir zufleiß
    und Trauer kleidet das Volk, ohne Scheiß.

    Außer Landes jedoch tat bunkern
    des Krösus Mischpoche die Klunkern.

    Sauf endlich, sauf ! schreien der Kommissare Claqueure,
    doch zornig verweigert Sokrates zu saufen die Plörre.

    Die Götter, die am Olymp droben sitzen,
    werden fluchen im Chor, doch das wird nix nützen.

    Geistlos verkümmern wirst Du ohne das Land,
    dessen Geist Dich, Europa, erfand. Allerhand!
    (Var.:) “Geistlos verkümmern wirst Du ohne das Land“ –
    Ein Satz, dessen Sinn leider niemand verstand.

Was gesagt werden muss | Ein Gedicht

Warum schweige ich, verschweige zu lange, | warum untersage ich mir, jenen Tatbestand | beim Namen zu nennen mit flinker Lippe, | warum sage ich jetzt erst, | gealtert und mit letzter Tinte, | was gesagt werden muß: | Daß auf das Wetter heutzutags kein Verlaß mehr ist, | ausgenommen auf  | das Aprilwetter.

Über mediale Entgrenzungen

Hier lesen ja zuweilen zur Lyrik berufene KollegInnen mit, vielleicht interessierts wen:
Literaturbüro NRW hat per 7. Jänner 2012 einen “Ernst Jandl-Literaturwettbewerb“ aus­ge­schrieben, nachstehend die Teilnahmebedingungen:

» Gesucht wird nach Autorinnen und Autoren, die sich mit ihrer Lyrik auf den Spuren Ernst Jandls befinden bzw. aus dieser Spur zu einer eigenen Ausdrucks­weise gekommen sind. [..] Gedacht ist dabei im Sinne Jandls entweder an eine thematische Aus­ein­andersetzung mit “Zeit“ oder an eine strukturelle. Bei ersterem Zugang wird Zeit zum lyrischen Thema, beim zweiten, via Lyrik, zur erfahrbaren Dimension. Letzteres ist vor dem Hintergrund von Jandls Oeuvre in Form unter­schiedlicher medialer Ent­gren­zun­gen (einschließlich inter­textueller Verfahren) vorstellbar. Vorstellbar ist auch, beide Ge­stal­tungsprinzipien zu kom­bi­nie­ren.«

Teilnahmeberechtigt sind alle, die es schaffen dahinterzukommen
worum es in den Teilnahmebedingungen überhaupt geht.