Noch’n Gedicht

»Ich sehe keine Reime.«  (M. Reich-Ranicki)

Auf ’s neue schrieb mit letzter Tint’
der Dichter ein Gedicht.
Indes, die Reime darin find’t
der Leser wied’rum nicht.

Nun hat Herr Grass erneut ein Gedicht zur aktuellen Krisenlage verfasst und exklusiv in ÖSTERREICHs auflagenzweitstärkster Ver­schenkpostille veröffentlicht. (In der Süd­deutschen stehts übrigens ebenfalls abgedruckt, aber die haben es bestimmt aus besagter Ver­schenk­postille einfach abgeschrieben ohne vorher zu fragen.)

Reimen tut sichs diesmal wieder nicht, vielleicht könnte man dem Dichter bissel unter die Arme greifen. Hieramts tummeln sich bekanntlich der Reimkünstler gar etliche, wie wärs mit einer Aktion: »Leser helfen Herrn Grass beim Reimen«. Vielleicht wird ja noch ein or­dent­li­ches Gedicht daraus – bittesehr:

    Aktion »Leser helfen Herrn Grass beim Reimen«

    Dem Chaos nah, weil dem Markt nicht gerecht,
    bist fern Deinem Wiegenland Du, aber echt.

    Was mit der Seele gesucht, gefunden Dir galt,
    wird abgetan nun, unterm Schrottwert halt.

    Als Schuldner leidet ein Land, nackt an den Pranger gestellt,
    Undank ist bekanntlich der Lohn der Welt.
    (Var.:) Als Schuldner nackt an den Pranger gestellt,
    leidet ein Land, das den Dank nicht erhält.

    (fehlt noch)

    Die mit der Waffen Gewalt das inselgesegnete Land
    heimgesucht, trugen Hölderlin im Tornister zum
    Barras-Gewand.

    (fehlt)

    Rechtloses Land, dem der Rechthaber Macht
    den Gürtel enger schnallt, dass’ nur so kracht.

    Schwarz trägt Antigone Dir zufleiß
    und Trauer kleidet das Volk, ohne Scheiß.

    Außer Landes jedoch tat bunkern
    des Krösus Mischpoche die Klunkern.

    Sauf endlich, sauf ! schreien der Kommissare Claqueure,
    doch zornig verweigert Sokrates zu saufen die Plörre.

    Die Götter, die am Olymp droben sitzen,
    werden fluchen im Chor, doch das wird nix nützen.

    Geistlos verkümmern wirst Du ohne das Land,
    dessen Geist Dich, Europa, erfand. Allerhand!
    (Var.:) “Geistlos verkümmern wirst Du ohne das Land“ –
    Ein Satz, dessen Sinn leider niemand verstand.

15 Kommentare

  1. Originalvers, Zitat:.
    » Dem Chaos nah, weil dem Markt nicht gerecht,
    bist fern Du dem Land, das die Wiege Dir lieh.
    «

    Verbesserte Version, mit Reim:.
    Dem Chaos nah, weil dem Markt nicht gerecht,
    bist fern Deinem Wiegenland Du, aber echt.

    OV: » Rechtloses Land, dem der Rechthaber Macht
    den Gürtel enger und enger schnallt.
    «

    VV:.Rechtloses Land, dem der Rechthaber Macht
    den Gürtel enger schnallt, dass’ nur so kracht.

    OV: » Sauf endlich, sauf ! schreien der Kommissare Claqueure,
    doch zornig gibt Sokrates Dir den Becher randvoll zurück.
    «

    VV:.Sauf endlich, sauf ! schreien der Kommissare Claqueure,
    doch zornig verweigert Sokrates zu saufen die Plörre.

    Weitere Verbesserungsvorschläge werden gern angenommen.

  2. Ein Reim, Herrn Grass für sein Gedicht
    geschenkt, bezahlen braucht er’n nicht:

    OV:
    „Geistlos verkümmern wirst Du ohne das Land,
    dessen Geist Dich, Europa, erdachte.“

    VV:
    „Geistlos verkümmern wirst Du ohne das Land,
    dessen Geist Dich erfand. Welch eine Schand‘!“

  3. „Geistlos verkümmern wirst Du ohne das Land“ (???)
    Ein Satz, dessen Sinn leider niemand verstand.

  4. Nicht als Gedicht, doch als äußerst konstruktiven Vorschlag – wie mir scheint – möchte ich eine Regelung mit dem Land vorschlagen.
    Schenken wir Griechenland doch dem Iran.
    1) kann es sich der Iran finanziell leisten. Dafür reichen ein paar Tropfen Öl.
    2) waren die Perser doch schon immer ganz scharf auf Griechenland. Jetzt geht das ganz unblutig.
    3) braucht man nicht mehr den Landweg bemühen. Die Schinakeln und das Internet überwinden mühelos jede Entfernung.
    4) Wem es zu friedlich erscheint, braucht nur Orthodoxie christlich gegen Orthodoxie muslimisch ausspielen. Da kann man dann endlich Simmering-Kapfenberg in die „Verrentung“ entlassen.
    Und die Perser zahlen uns dann langsam die Schulden zurück – in Form von billigem Erdöl.

  5. „pjerunische“ schande
    (nicht ganz ernst gemeint)

    am pranger stehn nun nackt die griechen
    europa kann sie nicht mehr riechen
    sie werden ungern nur geduldet
    weil die regierung sie verschuldet

    verhökert griechen eure tempel
    und auch die inseln zum exempel
    und spart bis euch die schwarte kracht
    zu festigen der banken macht

    erfandet einst demokratie
    es ging euch besser ohne sie
    die habgier hat sie pervertiert
    und euch das chaos fabriziert

    europas prall gefüllten banken
    könn´ krösus enkel dafür danken
    dass sie ihr geld zu ihnen bringen
    anstatt dem volke beizuspringen

    herrn Grass den das zutiefst verdrossen
    hat mutig furchtlos nun beschlossen
    ein wutgedicht zu publizieren
    dass alle drüber diskutieren

  6. Den alten Dichter – seht ihn hocken,
    er fürchtet, dass die Tinte trocken,
    die Letzte, aus dem letzten Fass.
    Wie lang ist noch die Feder nass?

    Was, wenn die Tinte bald versiegt
    und es noch so viel Worte gibt,
    die er gern zu Papier gebracht?
    Dann bleibt ihm noch der Pfeifensaft,
    der gelbbraun ist und ekelhaft.
    So schnell muss doch kein Dichter schweigen.
    Wer weiss, ob bald die Drachmen steigen?

  7. Noch´n Reim:

    >>Die mit der Waffen Gewalt das inselgesegnete Land
    heimgesucht, trugen zur Uniform Hölderlin im Tornister.<<

    Die mit der Waffen Gewalt das inselgesegnete Land
    heimgesucht, trugen Hölderlin im Tornister zum Barras-Gewand.

  8. Außer Landes jedoch hat dem Krösus verwandtes Gefolge
    alles, was gülden glänzt gehortet in Deinen Tresoren.

    Außer Landes jedoch tat bunkern
    des Krösus Mischpoche die Klunkern.

  9. Was mit der Seele gesucht, gefunden Dir galt,
    wird abgetan nun, unter Schrottwert taxiert.

    Was mit der Seele gesucht, gefunden Dir galt,
    wird abgetan nun, unterm Schrottwert halt.
    __________

    Als Schuldner nackt an den Pranger gestellt, leidet ein Land,
    dem Dank zu schulden Dir Redensart war.

    Als Schuldner nackt an den Pranger gestellt, leidet ein Land,
    dem Dank zu schulden Dir Redensart war, allerhand!

  10. Originalfassung Herr Grass:

    „Als Schuldner nackt an den Pranger gestellt, leidet ein Land,
    dem Dank zu schulden Dir Redensart war.“

    Leservorschlag Nr.1 für verbesserte Fassung mit Reim:

    „Als Schuldner nackt an den Pranger gestellt,
    leidet ein Land, das den Dank nicht erhält.“

    Leservorschlag Nr.2 für verbesserte Fassung mit Reim:

    „Als Schuldner leidet ein Land, nackt an den Pranger gestellt,
    Undank ist bekanntlich der Lohn der Welt.“

    Herr Grass kann meine verbesserte Leser-Fassung mit Reim gerne für sein Gedicht verwenden, falls er möchte.
    Gern geschehen, mit freundlichen Grüßen.

  11. Noch ein Reim für sein Gedicht,
    bezahlen braucht Herr Grass mir’n nicht:

    „Dir trotzend trägt Antigone Schwarz und landesweit
    kleidet Trauer das Volk, dessen Gast Du gewesen.“

    Schwarz trägt Antigone Dir zufleiß
    und Trauer kleidet das Volk, ohne Scheiß.

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