Nominelles

4. Februar – Pech für Polansky

Heute ist angeblich der Danke-einem-Briefträger-Tag, falls man dem Kalender glauben will.

Vor Jahrzehnten schrieb ich gelegentlich Texte für eine Münchner Presseagentur, “Wahre Ge­schich­ten“, “Der wahre Kriminalfall“, “Tatsachen-Bericht der Woche“ undsoweiter, die er­schie­nen in diversen Illustrierten wie Quick, Praline, Neue Revue & dergleichen und hatten allesamt gemeinsam, dass sie natürlich völlig frei erfunden waren. Die Texte wurden von den Redaktionen weitgehend unredigiert übernommen, die Namen der Protagonisten jedoch grund­sätzlich verändert. Also nahm man einen x-beliebigen Namen, Sepp Maier oder Hans Moser oder den des Nachbarn, und den ersetzten die zuverlässig durch irgendwelche Harry Frank oder Frank Harris oder Frank Steffen oder Stefan Frank und für die Ganoven Ede Kowalski oder Kalle Kaminski oder ähn­li­ches. Das machten die prinzipiell.
Einmal schrieb ich einen Text über einen kriminellen Briefträger, und weil ein Freund von mir damals Briefträger war und Horst Polansky hieß, verwendete ich seinen Namen. Erstens, weil Alliterationen (“Pech für Polansky“) im Titel immer gut ankommen, und zweitens weil ich davon ausgehen konnte, dass der Name von der Redaktion eh ausgetauscht würde (etwa “Kein Glück für Kowalski“ oder sonstwas).
Wurde er aber nicht. Dieses einemal nicht. Vielleicht meinten sie, besserer Phantasie­name als “Horst Polansky“ für einen kriminellen Briefträger ließe sich nimmer erfinden, und ließen ihn unverändert so stehen.
Nun lag diese Sorte Illustrierte damals zufällig als Lesezirkel im Pausenraum der Postbediensteten auf, so sprach sich die Geschichte von Polanskys krimineller Tat unter seinen Kollegen herum. Zumal es, jedenfalls in Österreich, nur einen Menschen dieses Namens gab – meinen Freund den echten Briefträger. Als er eines Morgens zum Dienst kam, waren seine Kollegen ernsthaft erschüttert: “Horst ?! Wir haben gelesen, dass du verhaftet bist! Bist du auf Bewährung entlassen?“ Wahre Geschichte, ausnahmsweise nicht erfunden.
Als er über die Sache erzählte, sagte mein Freund Horst: “Unglaublich. Ein Kollege von mir hat eine Linke gedreht und steht in der Zeitung. Der Arsch heißt genauso wie ich.“
Hab ihm nicht gesagt, wer die Geschichte in der Zeitung geschrieben hat.

6. März

Heute ist übrigens der Tag des Zahnarztes, falls man dem Kalender glauben will.

    »Der Zahnarzt ist ein armer Hund,
    er lebt ja von der Hand im Mund.«
    (Bayerisches Sprichwort)


Nomen est omen:


Haben Sie gewusst, dass der Zahnarzt auf österreichisch Pappenschlosser heißt.
[Pappen, mdal. = Mundwerk]

27. September

Heute vor 90 Jahren kam in Niederfladnitz im niederösterreichischen Waldviertel ein Herr Franz Eugen Helmuth Manfred Nidl-Petz zur Welt, und dass einer mit so einem Namen kein be­rühmter Schlagerstar wurde, verwundert kaum.
Unter anderem Namen aber wurde Herr Nidl-Petz zum ersten Schallplattenmillionär der deutschen Musikgeschichte, 1984 bekam er für seine löblichen Verdienste um die Verbreitung des deutschen Liedgutes in aller Welt das Bundesverdienstkreuz I. Klasse der Bundesrepublik Deutschland verliehen.

19. September

Heute vor 99 Jahren kam der Langstreckenläufer Emil Zátopek (1922-2000) zur Welt, die legendäre “tschechische Lokomotive“. Sein Markenzeichen war die ständig heraus­hängende Zunge während des Laufens.

    »Vogel fliegt, Fisch schwimmt, Mensch läuft.« sagte er.

Als Kinder hatten wir zwei Schildkröten mit Marathon-Wandertrieb, und die nannten wir “Zátopek“, und “Nurmi“. Um zu verhindern, dass sie sich auf Nimmerwiedersehn auf Wan­der­schaft in die weite Welt begaben, banden wir sie morgens an einem Hinterbein mit einem langen Zwirnsfaden an einem Pflock an, den wir im Garten ins Gras steckten. Bis zum Abend hatten sie stets unermüdlich präzise abgezirkelte Kreise ins Gras gespurt – für Nicht­­ein­­ge­­weihte ein mysteriöses Phänomen auf unserem Rasen.

Algorithmisches mit Ohren

Geben Sie zu, ohne googeln hätten Sie nicht gewusst was eine “Schöne-Ohren-Zer­le­gung“ ist:

Die “Schöne-Ohren-Zerlegung“ ist ein Zwiebel-Algorithmus mit schönen Ohren
zur Opti­mierung einer Annäherungslösung des Handlungsreisendenproblems. *)

Ah ja. Warum die Schöne-Ohren-Zerlegung so heißt und was die eigentlich mit Ohren über­haupt zu tun hat, lässt sich aber auch durch googeln nicht herausfinden.

23. April: Georgitag – Volksetymologisches

Der Heilige Georg (der “Drachentöter“) wird auf Heiligenbildern häufig mit einem Rit­ter­­helm dar­gestellt, deswegen heißt er im Volksmund “Schurl (volkstümlich für Georg) mit der Blech­haub’m (Blechmütze)“.

Auch die Feuerwehrleute werden “Schurln mit der Blechhaub’m“ genannt – obwohl ja der Hl. Georg gar nicht ihr Schutzpatron ist, sondern der Hl. Florian – weil ihre Helme früher so aussahen wie der auf den Heiligenbildnissen dargestellte. (Gut möglich, dass die Meister Hei­ligenmaler beim Anfertigen ihrer Georgsbilder kurzerhand einen dazumals ge­bräuchlichen Feuerwehrhelm als Vorlage für dessen Ritterhelm hernahmen.)

Beim Feueralarm sah man also die Schurln mit ihren Blechhelmen hurtig zur Brandstelle schurln (v. “schurren“, oberd. [bair.] = geräuschvoll laufen).

Als Alternative für die volksetymologische Herleitung der “Blechhaube“ vom Georgshelm könnte indessen auch der Spritzenwagen dienen, die sogenannte “Blech­haubitze“, mit welcher die Feu­erwehrleute früher auszurücken pflegten.

Kolumnistisches: Namenwitz (?) der Woche

In seiner SPIEGEL-Kolumne “Medienkritik: Die reine Wahrheit“ bezeichnet Thomas Fischer den Fall des getürkten Dokumentarfilms der Filmemacherin Elke Lehrenkrauss als »Fall Leh­renkraut« (sic), indem er auf ihren Namen anspielt:

*

Ehrlichgestanden weiß ich, Leser, mit dieser Anspielung nichts anzufangen. Ab­ge­se­­hen da­von dass Namenwitze in den Kindergarten gehören und nicht in die Zeitung, wie hieramts bereits mehrmals moniert wurde – wo ist der Witz in diesem Namenwitz, den Namen von Frau Lehrenkrauss zu »Lehrenkraut« zu verkalauern? Kann mir den jemand erklären?

Neues aus Kalau

Dass beim SPIEGEL ein Kalauer-Ausheckbeauftragter in Vorschulalter wirkt, wurde hieramts bereits öfters vermutet. Mittlerweile scheint der das Vorschulalter aber überschritten zu ha­ben: der kann nämlich Englisch! Schau mer mal, was der grad wieder ausge­heckt hat:

Jagd, auf Hunter: Vastehste, kennste kennste? Weil “hunter“ auf deutsch “Jäger“ heißt. “Jagd auf Jäger“ – der Brüller. Muss einem erstmal einfallen.

(Was sich jemand dabei denken mag, sein Kind auf den Vornamen “Jäger“ zu taufen, steht wiederum auf einem anderen Blatt.)

29. Mai

Heute vor 85 Jahren kam in Rostock der Gründer des “Vereins der Senkrechtbegrabe­nen“, Berufsspinner und Schiffsversenker Udo Proksch zur Welt. Seinen Sohn ließ er auf den Vor­­­namen Drusius Ingomar taufen, mit der pragmatischen Begründung: »So kann sich der Bub später Dr. Ing. Proksch auf seine Visitenkarten drucken lassen, ohne dass er dafür stu­die­ren braucht.«

4. Mai – Florianitag

Heute ist Florianitag, zu dem Anlass sei auf ein verbreitetes Missverständnis hin­gewie­sen – schon wieder hat’s nämlich einer verwechselt: die Filmförderungsmittel-Vergabe in Öster­reich erfolge nach dem “Floriani-Prinzip“, meinte unlängst der Mann in der ORF-Kul­tur­sen­­dung erkannt zu haben. Der gute Sankt Florian jedoch ist der Schutzheilige gegen die Feuers­brunst, und unser Mann im Kulturprogramm hat das wieder einmal mit was ganz an­de­rem verwechselt, mit dem “Gießkannen-System“ nämlich.
Das Floriani-Prinzip geht so:
    Heiliger Sankt Florian
    Verschon’ vorm Brand mein Haus!
    Zünd’ lieber das vom Nachbarn an
    Und meins lass lieber aus.
    ────────────────────────────────
    (Quelle: Volksmund)
Zugleich ist der Heilige Sankt Florian auch der Schutzpatron der Feuerwehr, aber die löscht ja heutzutags auch nimmer mit Gießkannen, bekanntlich.
Wer sich das merken kann, der verwechselts auch nimmer mit dem Floriani-Prinzip.

Nominelles

Kollege Trithemius stellt hier fest, dass Namen [..] so ungerecht verteilt sein können.

Zahlreiche Familiennamen leiten sich ja von einem hervorstechenden Attribut oder Charaktermerkmal her, welches zu Zeiten der Namensgebung einem Vorfahren/Urahnen anhaftete, der dazumals danach benannt wurde und den Namen an seine Nachkommen weitervererbte. So kommt es, dass heute viele Leute Klein*, Groß*, Kurz*, Lang*, Stark* usw. heißen.

Bemerkenswert ist indessen, dass heutzutage hundertmal soviele Leute Schön* heißen als Hässlich*, und zweihundertmal soviele den Namen Klug* geerbt haben als Dumm* oder gar Blöd*. Hier erweist sich wohl, dass sich das Postulat »Schöne/kluge Menschen haben schöne/kluge Kinder« im Hinblick auf die verlängerte Generationenfolge nicht grundsätzlich verifizieren lässt.

(Weiters fällt auf, dass es dreimal mehr Leute gibt, welche Link* [= “unaufrichtig“] heißen, als solche namens Ehrlich* – ob sich das Generationenerbe hier etwa stringenter fortgesetzt hat als unter der Nachfahrenschaft der Schönen & Klugen?)

Dass all die Bauers, Müllers, Schmieds, die Grafs und Herzogs usw. so heißen, weil sie einen solchen irgendwo in ihrer Ahnenreihe als Vorfahr haben, scheint plausibel. Hier fragt man sich freilich zurecht, warum so viele Leute Pfaff* heißen oder Bischof*, oder gar Papst*?

(oder gar Teufel  – Das gibt zu denken ..)

5. Oktober

Heute ist übrigens Weltlehrertag.

Meine Schwester ist Volksschullehrerin, ein Kollege von ihr heißt mit Familiennamen Ehrlich und ist Religionslehrer. Weil der in seinem Nischenfach weniger Unter­richts­stun­den zu halten hat als alle übrigen Kollegen, kursiert in der Schule über ihn der Spruch:

    »Ehrlich lehrt am wen’gsten.«

Kennen Sie Herrn Irrer Kim?

Nicht jeder weiß vielleicht, welcher der Vorname von Kim Jong-un ist: Kim ist sein Familien­na­me, der im Koreanischen stets zuerst genannt wird. Herrn Kims Vorname ist Irrer.


Die Leser von Österreichs auflagenzweitstärkster Gratis-Volksinformationspostille wissen das freilich längst, denn:

(ÖSTERREICH-Alleinstellungsmerkmal, laut Eigendarstellung)

Euphonisches

Angina Ludovici, oder Candida Albicans – das sind doch mal wirklich ausgesprochen schöne Namen. Namen voll Wohlklang & Poesie.
(in die Google-Bildsuche sollte man sie aber lieber nicht eingeben.)

Gassonomisches

Kollege Trithemius öffnet hier ein Adventskalendertürchen, hinter welchem er über Aus­nah­­me­feh­ler im galaktischen Betriebssystem berichtet. Dies erinnerte mich an einen Eintrag aus dem Vorjahr:

    Letzte Woche hatte ich in der Kreuzgasse zu tun, am nächsten Tag tat mir das Kreuz weh. Gestern hatte ich in der Knaackgasse zu tun, und heute tut mir das Gnack weh. Wer kann da noch an Zufall glauben?

Nach der erhellenden Lektüre des genannten Berichtes weiß ich nun also: derlei Ereignis-Dubletten re­sul­tieren nicht aus sogenanntem Zufall, sondern einem Bug im galaktischen Betriebs­sys­tem. (Bloglesen macht schlauer, wie sich hier wiederum er­weist.)

16. Februar

Heute vor 110 Jahren kam in Wien der Kabarettist & Komponist Hugo Wiener zur Welt, und ge­storben ist der 89 Jahre später ebenfalls in Wien, aber mit seinem Namen hat beides an­geb­lich nix zu tun.

Phonetisches

Gestern mit paar Arbeitskollegen beisammengesessen, Kollege 1 erzählt, er fahre einen Nissan Qashqai* als Dienstwagen.
Kollege 2 draufhin: “Nissan Gwaschgwei, huacht si au wia waun a Chines untan niaßn in an Kuafladn steigt.“

Schnürlregen-Sperrstund’

Haben Sie gewusst, dass es in der Stadt Salzburg aufgrund der Schlechtwetterverord­nung von 1992 eine sogenannte Schlechtwettersperre gibt.
Auf Wunsch der Fremdenverkehrswirtschaft wurde die Schlechtwettersperre im Jahr 2012 in Sommerstaumanagement umbenannt. Das sogenannte Sommerstaumanage­ment wird jedoch nicht so genannt, sondern Schlechtwettersperre.
Die Salzburger Schlechtwettersperre wurde eingeführt, um Verkehrsstau infolge Schlecht­­wetters zu ver­hin­dern. Infolge der Schlechtwettersperre kommt es in Salzburg zuverlässig stets zu Verkehrsstau.

Rasierpasta

Frag ich beim Schlecker gestern, wo ich die Rasierpasta finde, sagt die Verkäuferin: “Das Wort können S’ Ihnen patentieren lassen, das hab ich noch nie wen sagen gehört.“ – wundere ich mich: “Wieso, man sagt ja auch Zahnpasta.“ – und die Verkäuferin: “Aber Rasierpasta sagt keiner.“
Das war mir nicht bekannt, hab’s gegoogelt: bin ich der einzige, der Rasierpasta sagt?
Soll sogar vorkommen, dass man Zahnpasta & Rasierpasta miteinander verwechselt.