Mathematisches

Genderquotenmathematisches, ..

.. oder: Definieren Sie den Begriff  “ganz erheblich“

Die Sprachwissenschaftlerin Luise F. Pusch gilt als “die Mutter der feministischen Linguistik“ in Deutschland, und postuliert:

 (SZ)

»Luise F. Pusch schreibt öfters Kommentare zu aktuellen Ereignissen. [..] Wenige Tage nach dem Absturz des Germanwings-Flugs 9525 veröffentlichte Pusch im März 2015 einen Kommentar in der Zeitschrift Emma, in dem sie eine Frauenquote unter Pi­loten fordert.« *

Ich bin weder Linguist noch Mathematiker, und postuliere aber: feministisch-linguistische Postulate sollte man vernünftigerweise den Linguist/innen überlassen und quotenmathema­tische den Mathematiker/innen, nicht umgekehrt. In dem betreffenden “Emma“-Kommentar zum Germanwings-Absturz im März 2015, welcher durch den Piloten absichtlich herbeige­führt wurde, stellte Frau feministische Linguistin Pusch unter dem Titel »Frauenquote fürs Cockpit!« die Behauptung auf:

»Die Selbstmordquote [..] ist bei Männern viermal so hoch wie bei Frauen. Die Lufthansa könnte also das Risiko, dass ihre Piloten das Flugzeug zu Selbstmord und vielfachem Mord missbrauchen, mit jeder Frau, die sie zur Pilotin ausbilden, ganz erheblich redu­­zieren.« *

(Dass die 4:1-Selbstmordquote bei Männern und Frauen, wie Frau Pusch »im Radio gehört« haben will, auf Piloten und Pilotinnen längst nicht gleichermaßen zutreffen muss, bleibe hier mal außer Acht gelassen.*)

Mal nachgerechnet, welche »ganz erhebliche« – wie von Frau Pusch behauptet – Reduktion des Risikos eines Pilot/innen-Selbstmordes auf einem Luft­han­sa-Flug da­bei herauskäme:
  • Im Berechnungszeitraum seit 2015 (vom Zeitpunkt des Germanwings-Piloten­selbst­­mor­des) bis 2020 führte die Lufthansa ca. 5 Millionen Flüge durch, wo­bei es zu einem (ebendem genannten) Fall von Pilotenselbstmord kam.
  • Das Risiko »dass ihre Piloten das Flugzeug zu Selbstmord und vielfachem Mord miss­brauchen« betrug somit 1 zu 5.000.000.
  • Die Lufthansa hat ca. 11.000 Pilot/innen, von denen somit im Berechnungszeitraum jede/r durchschnittlich ca. 455 Flüge pilotierte.
  • Wäre also auf 455 von 5 Millionen Flügen im Berechnungszeitraum eine Frau (mit nur 25-prozentiger Selbstmorddisposition gegenüber einem Mann) Pilotin gewesen an­statt einem männli­chen Pilot, hätte das Risiko nur mehr 1 zu 5.000.400 betragen.
Resultat: Die Lufthansa könnte also das Risiko »dass ihre Piloten das Flugzeug zu Selbst­­mord und vielfachem Mord missbrauchen« mit jeder Frau, die sie seit dem “Emma“-Ar­ti­kel von Frau Lin­guistin Pusch zur Pilotin ausbilden, um ungefähr ein Zwölf­­tau­­send­­fünf­­hun­­dert­­stel = 0,08 ‰ (Pro­mille) reduzieren.

Als »ganz erheblich« möchte man das freilich nicht definieren. Jedenfalls nicht gemäß lin­gu­­is­ti­scher Definition.
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*) Gemäß Statistik gab es in der kommerziellen Luftfahrt zwischen 1980 und 2020 weltweit zehn Flugunfälle, die zumindest mutmaßlich auf Pilotensuizid zurückzuführen sind. Alle 10 Piloten waren männlich, null Pilotinnen weiblich. D. h. die Selbstmord­quote ist bei Piloten mit­nichten viermal so hoch wie bei Pilotinnen, wie es Frau feministische Linguistin Pusch dar­stellt, sondern mit einer Quote von 10 zu 0 unendlich ∞ mal so hoch. Würde nun ihr lin­­gu­is­tisches Postulat über die grundgesetzwidrige Grammatik auf ebenso unfundierten Prämissen be­ru­hen wie ih­re Pilotenselbstmordrisiko-Be­rech­nungs­nummer, dann möchte wohl nicht allzu­viel dahinterste­cken.

14. März: Mathematisches

Heute ist übrigens der Internationale Tag der Mathematik, auch als Pi-Tag bekannt.

Der Mathematik-Spezialist von Österreichs bedeutendstem Volksinformationsorgan rech­net vor:

(Kronen Zeitung)

Mehr als 5 Promille! Das wäre heftig. Ab einer Blutalkoholkonzentration von etwa 4 Pro­mille fällt man für gewöhnlich ins Koma, 5 Promille überleben die wenigsten. Schwer vorstellbar, in diesem Zustand noch ein Auto stehlen zu wollen. Hier die Erklärung:

Gemeinsam. Das hat der Mathematik-Spezi von der Krone äußerst pfiffig ausgerechnet: weil nämlich laut Polizeibericht jeder der beiden mehr als 2,5 Promille intus hatte, folglich hatten die zwei gemeinsam mehr als 5 Promille – Adam Riese lässt grüßen.

(»Mehr als dreieinhalb Meter! So groß waren zwei Tagelöhner aus Ungarn usw. ..«)

Exxpressionistisches: Milchmädchenmathematisches

»Menschen werden Journalist*innen, weil sie gerne Geschichten erzählen
– und Mathe hassen.«  (Scott Maier)*

Da hat der Tweet-Abschreibebeauftragte vom “eXXpress für Selberdenker“ wieder mal einen Tweet entdeckt und artig abgeschrieben:

Der ORF-Journalist Hannes Auer rechnet auf  Twitter vor:

»Österreichische Vollmilch kostet in Italien nur 0,89 Euro, in Österreich kostet die glei­che Milch 1,29 Euro. Das sind rund 45 Prozent mehr.«

Daraufhin extemporiert der “eXXpress“-Milchmädchenmathematiker:

Geht’s noch? Wenn die Milch in Österreich um 45 Prozent mehr kostet als in Italien, dann ist sie deswegen in Italien nicht um 45 Prozent billiger als in Österreich, stupido! Würde etwa die Milch in Österreich doppelt soviel kosten wie in Italien, das sind 100 Prozent mehr – so wäre die nach eXXpress-Mathematik in Italien also um 100 % billiger und kostet dort gar nix.
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(Rechnung für Selberrechner: Wenn die Milch in Italien mit 0,89 Euro um 40 Cent weniger kos­tet als in Österreich mit 1,29 Euro, dann ist sie dort um rund 31 % billiger.)

Bruchrechnen für Spezialisten

»Menschen werden JournalistInnen, weil sie gerne Geschichten erzählen
– und Mathe hassen.«  (Scott Maier)

Wenn einer der größte Mensch der Welt ist und ein anderer nur halb so groß, ist der andere also der zweit­größte Mensch der Welt? Jedenfalls, wenns der ORF-Bruch­rech­nungs­spezialist ausrechnet:

Die Cestius-Pyramide in Rom: die viertgrößte Pyramide der Welt? Das war bisher noch nicht bekannt. Bekannt ist hingegen, dass sie ein Viertel so hoch ist wie die größte Pyramide der Welt, die Cheops-Pyramide. Ob der ORF-Bruchrechnungsspe­zi sein Rechenexempel: “Viertel so hoch = viertgrößte“ im Kopf ausgerechnet hat oder dazu einen Taschenrechner be­müh­te, ist nicht überliefert.

(Wenn der Kollege Steppenhund das liest,
kriegt ers wieder mit dem Blutdruck ;)

Neues vom Grundrechnungsbeauftragten

Der Grundrechnungsbeauftragte der meistgelesenen Schweizer Tageszeitung rechnets den Lesern vor:

(Zwischenfrage: wieviele Stunden dauert ein Tag in der Schweiz eigentlich?)
Welcher Informationsgewinn den Lesern aus diesem Rechenexempel ersprießen soll, lässt sich ohnehin nicht erraten, denn:
  • Dass jeder Schweizer Autofahrer im letzten Jahr 2,5 Jahre im Stau ge­standen wäre,
    dürfte kaum zu vermuten sein.
  • Sollten dagegen alle Schweizer Autofahrer zusammen im letzten Jahr insge­samt 26’000 Stunden im Stau gestanden sein, so wäre das durchschnittlich für jeden einzelnen weniger als eine halbe Minute.
Was der Grundrechnungsbeauftragte den Lesern mit dieser Nonsens-Nummer vorzu­rech­nen sich bemüht, bleibt wohl sein Geheimnis.

Laut einer aktuellen Studie

Sozialbetrüger meist aus Österreich
Sozialbetrug wird selten von Ausländern, aber zu drei Vierteln von Österreichern begangen.
Sozialbetrug wird zu drei Vierteln von Österreichern begangen - und damit viel seltener von Ausländern, wie dies in der Öffentlichkeit oftmals vermutet wird.
Eine Studie der Linzer Johannes Kepler Universität widerlegt die gängige Klischee­mei­nung, dass Sozial­betrug vor allem von Ausländern begangen wird. [..] Sozial­be­trug wird selten von Ausländern, aber zu drei Vierteln von Österreichern begangen.
Mal nachgerechnet: der Ausländeranteil in Österreich beträgt 8,9 Prozent. Ein Viertel des Sozialbetrugs wird von diesen 8,9 Prozent begangen, drei Viertel von den übrigen 91,1 Prozent Österreichern.
Resultat: Sozialbetrug wird von Ausländern mehr als dreimal so häufig begangen wie von Öster­reichern.
Woher man aus diesem Resultat das Fazit ziehen will, Sozial­betrug werde »selten von Aus­län­dern begangen«, bleibt ein Rätsel.

Schwadronantes: Unerklärliches

»Menschen werden JournalistInnen, weil sie gerne Geschichten erzählen
– und Mathe hassen.« (Scott Maier, Journalismus-Professor)

Mit der Mathematik stehen die Kollegen beim “profil“ bekanntlich auf Kriegsfuß, man erfährt dort etwa, der Lamborghini Countach werde ..


Das wären somit satte 127.600 PS, bei 1450 Kilogramm Leergewicht.
Wie der Kollege Motorjournalist diesen Blödsinn ausgerechnet hat, ist völlig unerklärlich. Mit 455 PS hat der Lamborghini Countach ein Leistungsgewicht (= Fahrzeuggewicht dividiert durch Motor­lei­stung) von knapp 3,19 kg/PS (oder 0,31 “PS pro Kilogramm“).

Aber vielleicht lässt sich der Blödsinn ja erklären durch ..


Was auch immer diese Schwadronanz bedeuten will.
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(Wenn der Kollege Steppenhund das liest,
schlagt sichs wieder auf seinen Blutdruck.)

Laut einer aktuellen Umfrage

(Kurier.at)

Sehr schlau ausgerechnet. Zehn Partnerwechsel, bei einer durchschnittlichen Lebens­er­war­tung von 80 Jahren = durchschnittlich alle acht Jahre einer. Vom Säuglings- bis ins Grei­sen­alter. Milchmädchen lässt grüßen.

(Was von der statistischen Hochrechnung solcher Umfrageresultate auf die Gesamtbe­völ­ke­rung grundsätzlich zu halten ist, steht sowieso auf einem andern Blatt.)

Mathematik für Spezialisten

Österreichs auflagenstärkste Verschenk-Volksinformationspostille informiert:

(Heute)

Eh klar, bei 200 Millionen Facebook-Usern, da läppern sich täglich allerhand Meldungen zu­sam­men ..
(Frag so einen Verschenkblatt-Einfaltsdimpfel nach dem Unterschied zwischen einer Million und einer Billion, dann denkt der wahrscheinlich nach und sagt dann: »Ein Buchstabe?«)

profil: Mathematik für Experten

»Hundert Millionen (in Zahlen: 100.000.000) Euro – das ist schon eine Stange Geld. Man kann sich zum Beispiel einen ganzen Eurofighter darum kaufen.«  (profil)

Man muss nicht unbedingt Mathematik-Experte sein, um den Unterschied zwischen ein paar hun­dert Millionen und ein paar hundert Milliarden zu erkennen. Vorher halbwegs logisches Nach­den­ken würde allein schon ausreichen, damit hinterher nicht solcher Blödsinn in der Zei­tung steht:

(zum Vergleich:)
Gesamt-Bruttoinlandsprodukt Österreich:  280 Milliarden Euro
Anschaffungskosten 15 Stück Eurofighter:  1,56 Milliarden Euro
Baukosten Eurotunnel (Ärmelkanal, 50 km):  15 Milliarden Euro

profil: Prozentrechnen für Experten

»Menschen werden JournalistInnen, weil sie gerne Geschichten
erzählen – und Mathe hassen.«  (Scott Maier)

»Expertenschätzungen gehen davon aus, dass [..] im Schnitt etwa jedes fünfte Kind Opfer sexueller Gewalt wird.«

»Bei einer österreichweiten Umfrage gaben fünf Prozent der Befragten an, selbst in ihrer Kindheit sexuell missbraucht worden zu sein. Auf Österreich hochgerechnet, ergibt dies um die 400.000 Betroffene.«

Was für Expertenschätzungen das konkret sein mögen, wird in dem Artikel nicht ver­raten – Experten für Prozent­rechnung warens sicher keine: »fünf Prozent« heißt nicht »jedes fünfte« Kind, sondern jedes zwanzigste. Erkennen Sie den Unterschied.

Ein klarer Fall

Wenn 19 Prozent für etwas sind und 9 Prozent dagegen, und die restlichen 72 Prozent sind entweder für was anderes oder verratens nicht – wieviel sind dann insgesamt dagegen? 81 Prozent, klarer Fall.

Nicht klar? Österreichs auflagenstärkste Verschenkzeitung rechnets vor:

Klarer geht’s kaum noch. Rundweg.
Und so schaut die betreffende IFES-Umfrage konkret aus:

Aus 9 mach 81. (k.A. heißt übrigens: keine Angabe.)
Jetzt rechnen wir noch alle dazu, die an der Umfrage gar nicht teilgenommen haben, dann kommen wir locker auf ein paar tausend Prozent, die das Rauchverbot rundweg ablehnen.
Ein klarer Fall von kreativer Mathematik. Dafür gibts diesmal keine gute Note.