Glossistisches: Lifestylisches

»Wir sollten« – sagt wer? Kollege Nils-“Wir müssen“-Pickert vom dieStandard etwa? Nein, es ist Kollege Kulinarik-Redakteur Kevin vom DerStandard, der sich auf der “Lifestyle“-The­men­seite als Glossist geriert.

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.. glossiert Kulinarik-Kevin da drauflos, und wenn einer gleich in den ersten zwei Sätzen seiner Glosse mit den Hashtag-Nonsensvokabeln »toxisch« und »triggern« daherkommt, bin ich davon toxisch getriggert  lese ich den Schmarrn nach dem zweiten Satz gar nimmer weiter, für gewöhnlich. Ausgenommen hier: was soll man sich unter einem »bei deutschen Begriffen an den Tag zu legenden Verhalten« denn vorstellen, einem »weniger toxischen« noch dazu?

Geht’s noch eine Nummer dümmer? Eine »Abwehrhaltung« (vermutlich meint er: ablehnende Haltung) gegenüber deutschen Begriffen soll »ein an den Tag gelegtes toxisches Verhalten« sein – was schwafelt der da einher? Der hat doch offenkundig überhaupt keine Ahnung, worüber er da schwafelt. Worum es sich bei »toxischem Verhalten« oder bei »triggern« in Wirklichkeit handelt: um etwas völlig anderes nämlich, in völlig anderem Kontext und Bedeutung.

Man sollte, vor allem was neudeutsche Begriffe wie »toxisch« betrifft, weniger in Wir-Form darüber einherglossieren, wenn man keine Ahnung davon hat was die überhaupt bedeuten – bloß weil die aktuell halt grad schrecklich toll in Mode sind. [Siehe dazu auch hieramts]

Auf die schlichte Idee, zum Beispiel halt danach zu googeln wonach das dünnflüssige Etwas verzweifelt sucht, ist der Lifestyle-Glossist nicht von selber draufgekommen – damit hätte sich nämlich das im Österreichischen allgemein bekannte und gebräuchliche sprachliche Pendant zu Plörre bereits unter dem allerersten (sic) Suchtreffer finden lassen. [Gschloder: siehe auch hieramts]

»Unter einer Glosse wird ein meist kurzer und pointierter, oft satirischer oder polemischer, journalistischer Meinungsbeitrag in einer Zeitung [..] verstanden.«
So lautet die Definition auf Wikipedia. Davon lässt sich in diesem dummen läppischen Geschwafel freilich wenig erblicken. Sagt doch eh schon jeder Zweite ständig lecker, warum sollten nun also »wir« es noch viel öfter sagen? Fehlt noch, dass der nächste Kevin mit einer sogenannten Glosse um die Ecke kommt und doziert: »Wir sollten viel öfter mega sagen«.

18 Kommentare

  1. Lecker ist mein am meisten gehasstes Wort. Es scheint keinen anderen Ausdruck mehr zu geben, um den Geschmack von Speisen und Getränken zu beschreiben, dabei ist unsere Sprache doch so reich an Ausdrücken dafür.

  2. Ich find „lecker“ zu sagen absolut in Ordnung wenn es schmeckt.

    In der Kürze liegt bekanntlich die Würze und beim essen quatscht man gefälligst keine Opern …

    Jedenfalls ist „lecker“ besser wie das DDR-Pedant „urst“ dafür.

    1. Bei dem DDR-“urst“ dürfte sichs um den Superlativ des Intensitätspartikels “ur“ handeln, wie er auch im Österreichischen gebräuchlich ist – nunmehr aber radikal durch “mega“ ersetzt wird. (Was Boomern in Österreich einst ur gut schmeckte, schmeckt Bobos heute mega lecker.)

  3. „Lekker“ ist voll Niederlande. Merke: DeKujper ist gut, man, der ist echcht lekker! Sagt neben „de mann von de Chotreppe“, Rudi Carell, auch ein lekker Meisje mir. Damals, im Leckerland. Nicht: Lecker..gender…

      1. Ein toxisches Verhalten ist es, was Sie damit an den Tag legen. Wie Glossist Kevin zu erklären weiß.

    1. Da steht unter anderem, das auf tönernen Sprachfüßen in die Tastatur gewackelt wurde, ausgemachter Blödsinn: „Tschüss“ kenne ich seit frühester Kindheit, ich bin in Wien aufgewachsen. Die Seite scheint ein SchickiMicki-Sprachrohr zu sein.

      1. Da haben Sie recht, das ist Blödsinn. Den Ausdruck kenne und verwende ich ebenfalls seit der Kindheit. Laut statistischer Erhebung 2019 gaben in Österreich 21% der über 50-Jährigen sogar an, “Tschüss“ als häufigste Verabschiedungsform zu verwenden.
        Das davon abgeleitete Verb “vertschüssen“ steht übrigens auch im Duden ausdrücklich als österreichisch umgangssprachlich angeführt.

      2. …und was ist von dieser Behauptung zu halten: „Nennt man ein paniertes Stück Schweinefleisch fälschlicherweise „Wiener Schnitzel“, kriegt man ziemlich sicher eine auf die Finger.“
        Ich bin allerdings kein Experte, da Vegetarier.

  4. Irgendwie muss ich da an die Episode von „Wir sind Kaiser“ denken, in der seine Majestät zur Vorbereitung auf einen Staatsbesuch in Deutschland ein bisschen piefkisch lernen muss.

    Unbezahlbar…

  5. Da mußte eine Seite voll werden. Aber ich werde, für meinen Teil, nicht mega lecker sagen. Nein.
    Entweder es schmeckt mir oder es schmeckt mir nicht. Dann is‘ guat oder ned.

  6. Wenn in meiner Anwesenheit jemand „triggern“ sagt, verspüre ich das uramerikanische Bedürfnis „to pull the trigger“ und bin gleich darauf froh, dass das hier in Deutschland mit den Schusswaffen nicht so einfach ist.

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