Papa locuta, oder: »HIER rechnet einer ab«

BILD macht auf  mit »Deutschlands oberstem Sprachlehrer Wolf Schneider«:

»Wolf Schneider (97) hält den Gendersprech für Unsinn. HIER rechnet Schneider in BILD ab mit der „Genderei“: «

Unbestritten gilt der Sprachkritiker und Sprachstillehrer (»Sprachpapst«) Wolf Schneider als maßgebliche Instanz für attraktives, solides, eingängiges Deutsch: seine Stan­dard­werke zur Stillehre gelten Generationen professionell Schreibender als ver­bind­li­cher Ko­dex. Obgleich seine Urteile über zeitgemäße sprachliche Entwicklungen zunehmend durch Engstirnigkeit und Al­ters­borniertheit geprägt sind, wär’s freilich interessant zu lesen, wie der große alte Meister der Sprachkritik die grassierende Gender-Debatte beurteilt:

»Die ganze Gender-Debatte ist eine Wichtigtuerei von Leuten, die von Sprache keine Ah­nung haben.«

Die ganze Debatte. Alles Leute, die keine Ahnung haben – reiflich undifferenziertes Urteil. Gemeint sind wohl: alle außer ihm selber.

»Zwischen dem natürlichen und dem grammatischen Geschlecht besteht nicht der ge­ringste Zusammenhang. Wie könnte es sonst das Weib heißen? Der Löwe, die Schlange, das Pferd. Obwohl sie alle dieselben zwei Geschlechter haben.«

Tusch! Wolf Schneider analysiert exklusiv in BILD: den Unterschied zwischen natürlichem und grammatischem Geschlecht! Für alle, die bisher davon keine Ahnung hatten.

»Die Führungskraft ist heute überwiegend ein Mann – und keiner hat sich je beschwert.«

Keiner. Wer hat dann eigentlich mit dieser Gender-Debatte überhaupt angefangen?

»Die Liebe ist weiblich, dabei soll es bleiben.«

Ende BILD-Artikel. – Wie bitte, das war alles? Das war die ganze »Abrechnung von Deutsch­lands ober­stem Sprachlehrer mit der „Genderei“« – mehr ist nicht dahinter?
Was für ein läppischer Schmarrn.

5 Kommentare

  1. »Die Führungskraft ist heute überwiegend ein Mann – und keiner hat sich je beschwert.«

    Was immer ‚überwiegend‘ in aktuellen Anteilen bedeutet: die Aussage schlechthin scheint mir den Geist konservativer Kreise aus den 1960er Jahren zu repräsentieren und erzeugt bei mir einen nicht unerheblichen Widerstand gegen den Sager samt gesellschaftspolitischem Brechreiz.
    Aber gut: VerBILDlichung des Zeitgeistes ist ja ebenfalls ein Begriff, den man seit jener Zeit kennt und ebendie hat noch niemanden zu kritischem Denken angeregt – ein Schelm, der daraus Schlüsse zieht und mögen sie noch so voreilig sein.

  2. Foto von Wolf Schneider nimmt auf der BILD-Seite dreimal soviel Raum ein wie der kom­plette Text seiner lächerlichen „Abrechnung“…

    1. Dafür brauchte es aber sogar 2 (in Worten: zwei) BILD-Redakteure, um diesen läppischen Schmarrn von einem Artikel aufs Blatt zu bringen.

  3. Also, für der Chefredakteur von das BILDzeitung ist die Text schon ziemlich lang. Normalerweise doch: ein Sinnspruch: Wir (wer bitte?) waren Papst (und sind dann rasch wieder geflüchtet, da das mit der Inquisition doch nicht mehr so unbesprochen hingenommen wird) und ein BILD. Das muß genügen.
    Das war ja eine Doktorarbeit! Vermutlich ist das Schreibprogramm des Journalisten/der Journalistin/beliebige Variante ergänzen (wieso steckt eigentlich List in dem Wort Journalist?) darüber abgestürzt. In höllische Tiefen, wo es von Genderteufelchen zerfetzt wird.
    Und ja, ich mag auch keine Sternchen im Text.

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