»Gewöhnlich glaubt der Mensch, wenn er nur Worte liest, es müsse sich
dabei doch auch was denken lassen.« (Johann Wolfgang von Goethe)
dabei doch auch was denken lassen.« (Johann Wolfgang von Goethe)
Dass die Kolumnistik insonders in der “taz“ mitunter herausragende Blüten befremdlicher Besinnungsaufsatz-Prosa zu treiben pflegt, ist nichts neues. Vollends unergründlich ist indessen, was der “Unisex“-Kolumnist der Leserschaft in diesem Text darzulegen im Sinne führt:
»Nach 16 Jahren Merkel wäre „Kanzler“ aus seinem Wortschatz verschunden«, steht da (und soll natürlich »verschwunden« heißen, aber: geschenkt) – das erklärt er so:
- »Nun liegt es zweifellos am ewigen Währen der Kanzlerin, dass Kanzler aus meinem Wortschatz verschwunden ist.«
- »Ich bin zwar nicht sechzehn und habe schon Kanzler erlebt. Aber Kanzler Schröder ist mittlerweile heillos überschrieben von Altkanzler Schröder (besser noch: Fossilkanzler Schröder). Vor Kanzler Kurz indes haben sich diverse Spitznamen geschoben. Helmut Kohl wiederum war mein erster Kanzler und deswegen hat mein Hirn nur Bundeskanzlerkohl abgespeichert.«
- »Womöglich geht es Ihnen anders, wenn Sie mehr Kanzler erlebt haben. Aber meine Sprachverarbeitung weigert sich noch zu akzeptieren, dass so ein dahergelaufener Olaf das Kanzlerinnenamt so einfach ausfüllen können soll. Höchstens zur Vertretung.«
Meine Sprachverarbeitung weigert sich einen Sinn darin zu erblicken, was der Kolumnist hier zum Ausdruck bringen will. Irgendwas mit Ironie, oder wie? Will sich nicht erschließen.
- »Aber meiner Sprachverarbeitung sind Überzeugungen egal.«
- »Das ist, wie Mythen gemacht werden. Assoziieren und vergessen [..]
Der Mythos wird „zweite Natur“, sagt Roland Barthes und ekelt sich davor. Aber Mythen sind keine Ausnahme, sondern formen, was wir wissen.«
- »Wie viele Kanzler, bis Kanzler mir wieder normal erscheint? Vielleicht bloß der eine. Vielleicht bin ich schon in zwei bis drei Wochen wieder eingenormt.«
- »Aber nun hab ich Angst, den Teil von mir zu verlieren, für den ein Kanzlerinnenamt mal das Normalste der Welt war.«
Ich vermute, da war der Abgabetermin für seine Kolumne überraschend näher gerückt und er musste schnell eine Seite füllen. Und da zeigt sich dann das Handwerk des Schreibenden. Er kann aus der Banalität (Deutschland hat einen neuen Kanzler) eine Kolumne füllen, die sich flüssig liest, aber ohne Inhalt bleibt.
P.S. Mir ist auch schon aufgefallen, dass Olaf Scholz keine Frau ist. Aber mein Sprachverarbeitungszentrum hatte keine Probleme damit. Überhaupt keine…
Was das Geschwurbel über den Mythos zu bedeuten hat, hört sich ausgesprochen mysteriös an, sozusagen mystisch.
@ diverse Spitznamen: Lügenkanzler Kurz
“Lügenkanzler“ ist ja kein Mythos, sondern Tatsache.
Gutbezahlt offenbar.
Wird „Mythos“ als Vergleich benutzt
hier für Frau Merkels „Währen“,
da fragt der Leser leicht verdutzt
wenn er das liest:
„Herr Kolumnist,
wie lässt sich das erklären?“
Ich habe noch nie „Kanzlerinnenamt“ gelesen. Oder „Kanzlerinnenamtminister“. Innenminister, immerhin.
Aber vllt. darf er deshalb bei der taz arbeiten, und ich nicht.
Im Bild-Interview März 2006 wurde Frau Merkel gefragt:
BILD: Frau Bundeskanzlerin, warum heißt das Kanzleramt nicht Kanzlerinnenamt?
Merkel: Weil es nun einmal Kanzleramt heißt. *