10. September

Heute vor 80 Jahren wurde der große Evolutionsbiologe und Humanist Stephen Jay Gould (1941-2002) geboren, der in seinem umfangreichen, unerhört klugen Werk u. a. darlegte, dass es zwischen Christentum und Evolutionslehre nicht notwendigerweise einen Wider­spruch ge­ben müsse. Gould war ein Verfechter der holistischen Betrachtungsweise in der Wissen­schaft, was er an­hand des Elefantenbeispiels illustrierte:

Man führe drei Blinde nebeneinander an einen Elefanten heran und trage ihnen auf, das Tier zu be­schreiben. Der erste ertastet den Schwanz und sagt: ein Elefant ist wie ein Strick. Der in der Mitte sagt: ein Elefant ist wie eine Wand. Und der dritte, der den Rüssel ertastet, sagt: ein Ele­fant ist wie eine Schlange. Freilich hat ein jeder der drei mit seiner Einzelbetrachtung nicht unrecht, aber einen Elefanten hat keiner insgesamt zutreffend beschrieben. Erst aus der Summe der Be­trach­tungen wird ein ganzes Bild daraus.

Dass gegensätzliche Betrachtungsweisen durchaus gleichberechtigten Bestand haben dürfen, zeigt Gould an einem weiteren Exempel: fragt man einen (weißen) Europäer, wie ein Zebra aus­schaut, so beschreibt es der für gewöhnlich als ein weißes Tier mit schwarzen Streifen. Ein (schwarzer) Afrikaner dagegen beschreibt dasselbe Zebra als ein schwarzes Tier mit weißen Strei­fen. Lediglich eine Frage des unterschiedlichen Betrachtungswinkels.

17 Kommentare

  1. nicht ganz so ernsthaft, aber …
    fast holistisch betrachtet ?

    das zebra und der elefant
    sind sicher allgemein bekannt.
    der elefant der ist zu findien
    in afrika und auch in indien.

    das zebra ist, weiß der banause,
    einzig in afrika zu hause.
    herr gould kennt nun vielleicht nur die
    und sah ein andres viehzeug nie.

    man kann vermuten drum sogar,
    dass er ein afrikaner war.

  2. Der Afrikaner würde Soja ja auch essen, um nicht zu verhungern. Der Europäer hingegen, der macht Sprit daraus, um sich besser zu fühlen. Man sieht: Wie so oft in Glaubensfragen, haben beide Recht. Aber hoffentlich nicht im selben Ausmaß.

  3. @ Bubi40
    Es war Herr Gould, soviel man weiß,
    Amerikaner, ohne scheiß.
    Er hat, das mag schon möglich sein
    und räumen wir hier gerne ein,
    das Zebra und den Elefant
    persönlich vielleicht nicht gekannt.
    Doch hat er über sie gelesen
    bei olle Brehm, so ist’s gewesen.

  4. obwohl, ich meine mich da eine reportage erinnern zu können, in der genau das das thema war. es gibt tatsächlich zweierlei zebras, weisse mit schwarzen streifen und schwarze mit weissen streifen, die zweiteren aber ganz selten. jetzt wird jeder sagen: was soll das? ist aber so. nebenbei gesagt, die schauen dann wirklich völlig anders aus. kein schei..

  5. Es ist eben alles relativ.
    Ein Viertelliterglas mit einem Achtel Wein wird von einem Alkoholtrinker als halb leer gesehen, während es ein Abstinenzler halb voll sieht.

  6. Zebras sind dünne, kleine Elefanten ohne Stoßzähne und ohne Rüssel, kleineren Ohren und eklatanter Fußfehlstellung, die sich nicht für eine Fellfarbe entscheiden können.

  7. Es ist mir schon fast peinlich hier mit einer ernsthaften Erörterung der These Evolution sei mit Religion vereinbar anzutreten – dennoch sehe ich die Notwendigkeit Klarheit zu schaffen:

    Die These von Gould ist schon deswegen falsch, weil hier zwei völlig verschiedene Dinge in Zusammenhang gebracht werden, wobei eines (Religion) vom Vorhandensein des anderen (Gehirn/“Geist“) abhängig ist.

    Nach allgemeiner Auffassung ist die Evolution des Geistes beim Menschen eine spezifische Leistung die der von anderen Säugetieren gleichgesetzt werden kann. Beispielsweise können Wale sehr lange tauchen, Flughunde fliegen und Giraffen Blätter in der Baumkrone fressen.

    Unsere Gehirnleistung ist daher nur eine von vielen Entwicklungsmöglichkeiten – und hieraus herzuleiten, eine gedankliche Konstruktion die ein fiktves Wesen postuliert sei von der Evolution unabhängig und parallel denkbar ist schlichtweg falsch.

    Evolution läuft weder nach einer Gesetzmäßigkeit (Muster) noch zwangsläufig in eine bestimmte Richtung, sie ist vielmehr rein zufällig.
    Der Gedanke „höheres Wesen als Schöpfer“ ist von einer bestimmten Hirnleistung abhängig, ohne sie gäbe es das nicht.

    Wenn also der postulierte Gott die ihm zugesprochene Allmacht hätte, müßte es ihn auch ohne das menschliche Gehirn geben. Dagegen sprechen alle naturwissenschaftlichen Erkenntnisse, und das selbst vor dem Hintergrund, dass es natürlich immer vom jeweilig Möglichen in der Forschung abhängt.

    Nirgendwo im Universum gibt es einen Gott – nur bei uns, als Fiktion, erdacht vom menschlichen Gehirn.

    1. Stimme Ihnen zu, dass Religion, Konfession, Glaube an ein „höheres Wesen als Schöpfer“ willkürliche Phantasiekonstrukte sind – letztlich auch nix anderes als ein Glaube an Horoskope, Homöopathie u. ä. Hokuspokus (Henry Coswells Feststellung »Die religiöse Manie gilt als die vorherrschende Form von Geisteskrankheit.« halte ich zwar für drastisch überspitzt – aber als „geistige Verirrung“ ließe sichs wohl definieren.)
      Stephen Jay Gould meint aber keineswegs, dass sich empirische Wissenschaft auf irgendeine Weise mit dem Postulat eines „höheren Schöpferwesens“ oder sonstwelchen religiösen Glaubensphantasien vereinbaren ließe, sondern umgekehrt: der Glaube an einen christlichen Schöpfungsmythos müsse die Akzeptanz der Evolutionstheorie nicht zwangsläufig ausschließen. Simpel formuliert: wer an einen Schöpfer glauben will der die Welt und alles andere erschaffen habe, der dürfe auch daran glauben dass dieser eben auch das Evolutionsprinzip „erschaffen“ habe.

      1. Ich verstehe den Unterschied, danke für den Hinweis.

        Gleichwohl halte ich das nicht für vereinbar, weil dadurch die rationale Kette aus
        *Hypothese – Befund – Annahme oder Ablehnung*, durch Fakten belegt, und als neuer Stand des Wissens festgehalten, durchbrochen wird.
        Religion basiert ja gerade nicht auf Fakten, sondern auf Glaube (an nicht Beweisbares).

        Oder anders gesagt:
        Evolutionstheorie = faktisch bewiesen
        Schöpfungsmythos = unbewiesen
        Gleichzeitig an etwas Bewiesenes und etwas Unbewiesenes zu glauben übersteigt meine Vorstellungskraft – weil nur ein Weg richtig sein kann und beide sich ausschließen.

  8. Das ist geistreich. Der Katholiszismus hat – nach einigem Zögern, aber kurz, so was kann auch Jahrhunderte dauern! – seinen Frieden mit Darwin gemacht. Dagegen sagt Gould, dass das Christentum, wenn es denn mal wollte – er kommt aus Amerika, bezieht er etwa die Evangelikalen ein? – sich durchaus mit der Evolution verbrüdern ließe. Und hier fragt eine Stimme, wie die katholische Kirche denn mit dem Christentum vereinbart werden könnte Alles berechtigte (Elefanteneinzelteil-)Fragen!
    Daraus ein Paket zu schnüren kommt beinahe an der Physiker gesuchte Theorie für alles ran.
    Bei den Zebras übrigens, die Gould ebenso wie das Tier mit dem Rüssel kannte, er war Biologe, gibt es Bergzebras, Steppenzebras (müßten die eigentlich nicht Savannenzebras heißen?) und das große Grevy. Alle drei Gruppen, von jeder außer dem Grevyzebra gibt’s Arten oder Unterarten (sollen sich die Taxonomen streiten), eine Extralinie der Evolution, nicht all zu nahe miteinander verwandt.

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