Deutschlandfunk: Wortwörtliches

Im Englischen unterscheidet sich die Wortstellung von Verb und Objekt in Nebensätzen vom Deutschen*, was sich in der Übersetzung bei unveränderter Wortstellung komisch anhört – kennt man etwa aus “Asterix bei den Briten“ [»Es ist Zeit, zu trinken eine Tasse Tee.« usw.] Im Jiddischen ist es ähnlich.

In einem Deutschlandfunk-Artikel über Hochstapler, die sich fälschlich als Juden ausgeben, wird der Berliner Rabbiner Dr. Walter Rothschild, gebürtiger Brite, wörtlich zitiert:

»Und es ist interessant, wie die Leute suchen einen bestimmten Opferstatus.«
»Wenn ich höre solche Sätze, dann gehen die Haare hoch auf meinem Nacken.«
»Keiner möchte zugeben, dass er wurde betrogen von jemandem.«

Die wortwörtliche Wiedergabe dieser Aus­sagen mag, um journalistischer Sorgfaltspflicht Ge­nüge zu leisten, gut gemeint sein – aber hier ist gut gemeint das Gegenteil von gut: inson­ders da Herr Rothschild eben Jude ist. Anstatt die Sätze lediglich in korrekte Wort­stellung zu set­zen [»Wenn ich solche Sätze höre; dass er von jemandem betrogen wurde« usw.] ohne deren Sinnge­halt da­durch zu verfälschen, werden sie wörtlich wiedergegeben, sodass sichs für den Leser anhört als wür­de Herr Rabbiner Rothschild jiddeln wie ein jiddi­scher Rabbi.
Und genau das tut Herr Dr. Rothschild eben nicht: er spricht, als gebürtiger Brite, so wie ein an­g­lophoner Muttersprachler eben Hochdeutsch spricht.
Die grammatikalisch fehlerhafte Wortstellung in den Aussagen eines nichtdeutschen Mutter­sprachlers in der Veröffentlichung gram­mati­kalisch richtigzustellen, hätte derweil der jour­­na­­lis­­ti­schen Sorg­falt keinen Zacken ab­ge­bro­chen.

6 Kommentare

  1. Vielleicht der Goj was hat geschrieben den Artikel will sich machen lustig über Herrn R., weil der sich anhört a bissel komisch beim Sprechen?

  2. Für mich sieht das nach Transkript einer Hörfunksendung aus. Wenn dem so ist, dann finde ich es richtig, dass da nicht korrigierend eingegriffen wurde.

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