Pepihacker

Im Kommentar zu einem Beitrag für sein Erzählprojekt »Die Läden meiner Kind­heit. Ein lite­ra­ri­scher Ausflug in eine ver­sun­ke­ne All­tagskultur« be­merk­te Kollege Trithemius die zuweilen kurios an­mu­ten­den Berufs­be­zeich­nun­gen in der ost­mit­tel­bai­ri­schen Um­­­­­gangs­sprache, eine solche ist auch der Pepihacker:

Neben dem Branntweiner Ondra in der Neulengbacher Wienerstraße hatte der Ross­fleisch­ha­cker Sturzeis sein Geschäft. Zufällig findet sich bei Kollegin Jou­lu­puk­ki eine Aufnahme zweier solcher Geschäfte in der nämlichen Kon­stel­la­tion:


Branntweiner & Pepihacker, © mit freundl. Genehmigung Kollegin Joulupukki


In den Nachkriegsjahrzehnten gab es zahlreiche Pferdefleischhacker, in Ostösterreich Pepi­ha­cker genannt. Die Be­zeich­nung kam wahrscheinlich daher, weil aus Schweif und Mähnen der ge­schlach­te­ten Tiere neben Ross­haarmatratzen und Polsterfüllungen auch kostengünstige Pe­rü­cken oder Toupets (österr.: “Pepi“) her­ge­stellt wurden. Be­mer­kens­wert, dass der Pepihacker auch Gigerer genannt wurde – eben­so wie die Pferde, welche ihm zur Verarbeitung zu­ge­führt wurden. Als Gigerer wurde also das zur Schlach­tung bestimmte Tier, gleichzeitig aber auch der Schlachter selber so be­zeich­net.
Beim Rossfleischhacker Sturzeis kauf­ten wir nicht ein, da mein Vater Holzkaufmann war und von den Bau­ern und Wald­ei­gen­tü­mern, die er beruflich besuchte, häufig Schlacht- oder Wild­fleisch heim­brachte. Aber zum Namenstag kriegten wir als Kinder 2 Schilling und durften uns was drum kau­fen, und ich lief damit zum Sturz­eis in die Wienerstraße und kaufte mir statt Naschkram eine Le­ber­käs­sem­mel. Erst wenn Du ein­mal einen heißen, dampfenden Ross­le­ber­käs direkt aus dem Back­ofen vom Pepihacker ge­ges­sen hast, weißt Du was eine De­li­ka­tesse ist.
Heutzutage werden in Österreich jähr­lich nur mehr wenige hundert Pferde ge­schlachtet und das selten gewordene Pferdefleisch, ehe­mals als Arme-Leu­te-Essen geringgeachtet, als Spe­zi­a­li­tät ver­kauft.
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(Kollege KrassNick hat hieramts mal einen launigen Vers über den Pepi­ha­cker vulgo Gigerer gereimt:)

    Für’s Pferd ist’s ein für allemal,
    was es zur Lebzeit war, egal:
    Ob Rennpferd, Ackergaul, Fiaker –
    am Ende geht’s zum Pepihacker.
    Ob Zirkusross, ob Lippizaner,
    am letzten Weg vorbei kommt kaner:
    Dem Weg, der zu der Stätte führt,
    wo Huftier wird zu Brät faschiert
    und transformiert, man ahnt’s indes,
    vom Gigerer zum Leberkäs.

(© mit freundl. Genehmigung M. Krassnig)
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4 Kommentare

  1. Hätte nicht gedacht, dass sich hinter dem ulkigen Berufsnamen „Pepihacker“ ein Pferdemetzger verbirgt. Eine rheinländische Spezialität ist Sauerbraten mit Kartoffelklößen, der Sauerbraten ist üblicherweise vom Pferd. Als sich vor Jahren alle aufregten über Pferdefleisch in der Lasagne, habe ich mich gewundert. Das Pferd, „ob Rennpferd, Ackergaul, Fiaker“ sieht doch immer noch besser aus als ein Schwein.
    Lieber Kollege! Danke für Ihren weiteren Beitrag zum Erzählprojekt.

    1. Ebenfalls eine wienerische Berufsbezeichnung für den Fleischhacker ist “Blunzenstricker“, abgeleitet von der ursprünglichen Bedeutung des Verbums “stricken“ = “knüpfen, binden“: weil der eben die Würste (“Blunzen“ = österr. für Blutwurst bzw. Blutwürste; von mhdt. blunsen = aufblähen) “abstrickte“ (= abbinden, abschnüren) – eine eintönige Tätigkeit ohne Erfordernis herausragender handwerklicher oder intellektueller Talente, die meist ein Gehilfe zu erledigen hatte. Weshalb der Ausdruck auch als abwertende Bezeichnung für ungeschickte oder einfältige Simpel Verwendung fand.

  2. @KrassNick:
    Hingegen wird das Steckenpferd
    nach seiner Lebzeit nicht verzehrt;
    und auch dem Schaukelpferde droht
    Verzehr mitnichten nach dem Tod.
    Denn ein Leberkäs aus diesen
    ließe sich nur schwer genießen. ;-)

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