Niederösterreich besteht bekanntlich aus vier Vierteln: Weinviertel, Waldviertel, Mostviertel & Industrieviertel. Das fünfte Viertel ist das Marchfeld. (Behaupten die Marchfelder.)
Die Industrieviertler heißen nicht gern so, dort finden sie die Bezeichung diskriminierend und ungerecht, aber was auf der Welt ist schon gerecht. Die vorzüglichsten niederösterreichischen Weine stammen übrigens aus dem Industrieviertel (aus diversen Lagen in der sogenannten Thermenregion südlich von Wien), aus dem Weinviertel stammen indes überwiegend Industrieweine.
Die Brünnerstraße durchquert das Weinviertel von Wien richtung Brünn/Brno, und entlang der Brünnerstraße gedeiht der Brünnerstraßler, eine Hervorbringung von erlesener Scheußlichkeit & Rabianz. Der eisenhaltige Lößboden lässt eine Rabiatperle von dermaßen hochgradigem Schwermetallgehalt heranreifen, dass man nach der Einnahme von ein paar Vierteln Brünnerstraßler sich bei Gewittergefahr keinesfalls im Freien aufhalten sollte.
(Der Ausdruck “Heckenklescher“ leitet sich etymologisch nicht – wie meist fälschlich angenommen – von daher ab, dass erhöhter Konsum desselben den Konsumenten am Heimweg zuverlässig in den Liguster klescht, vielmehr von Kleschn, einer veralteten Bezeichnung für minderwertigen Wein, welcher nicht am kultivierten Rebstock, sondern wild in der Hecke gewachsen ist.)
Grad ist wieder Sturmsaison. Sturm heißt das Übergangsprodukt im Gärungsprozess zwischen dem gepressten Traubenmost und dem Wein. In diesem Stadium ist der Sturm zwar noch trüb und schmeckt wie harmloser Obstsaft, ist aber bereits beträchtlich alkoholisch vergoren. Was ihm eine nicht zu unterschätzende Heimtücke innewohnen lässt: das Zeugs rinnt dem arglosen Zecher runter wie Traubenkracherl, die Nachwirkungen manifestieren sich später meist recht akut. Nämlich als 1.) unvermittelt eintretende Vollberauschung, sowie 2.) eruptiver Erleichterungsdrang. Quasi der Sniper unter den Keltereiprodukten.
Wir verstehen nun die Bedeutung des Begriffspaares “Sturm und Drang“.
Des weiteren kann übermäßiger Sturmgenuss Schotterausschlag sowie Lederallergie (bzw. Haarwurzel-Katarrh) zur Folge haben. Auch als “Doppler-Effekt“ bekannt.
Dass Sie sich im Weinviertel befinden bemerken Sie u.a. daran, dass die Leute dort “lewenti“ sagen oder “nopfenti“ anstatt “lebendig“ oder “notwendig“.
Was soll man dazu noch sagen, außer sich vor Lachen den Bauch halten.
;-))))))))))))))))))))))))))))))))
als gebürtige industrie- und zugereiste weinviertlerin muss ich einspruch erheben. mittlerweile haben wir hier nämlich nicht nur industrieweine, sondern ganz wunderbare tropfen hier.
was sie über den sturm schreiben, da stimme ich vorbehaltlos zu. ich wusste gar nicht, dass goethe und schiller den auch verkostet haben, bevor sie den sturm und drang einleiteten.
Herrn Goethe traf einst wer, und sagt’
nach jenem Treffen hinterher,
als er darüber ward befragt:
„Er sprach sehr viel und trank noch mehr.“
Von Sturm und Drang schrieb ein Gedicht
Herr Goethe, wir verhehlen’s nicht:
„Es leert der sturmerfüllte Zecher
Mit Eifer in der Buschenschank
Manch einen sturmgefüllten Becher
Bis er berauscht vom süßen Trank
Der Sturm indes stürmt mehr und mehr
Und bildet wütend einen Drang
Der tiefsten Wirkung ringsumher
Im innersten Verdauungsstrang
Und braust gar stürmisch im Gedärme
Ihn treibt die Gärung in die Ferne
Schon eilt er an den Heckensaum
Vom Sturm bedrängt
Man glaubt es kaum.“
(J.W. von Goethe)
es gaert der sturm nicht nur im glase,
er gaert auch in des zechers blase,
worin er nicht gern lange bleibt,
weshalb er bald den zecher treibt
an jenen wohlbekannten ort,
der welcher wird genannt abort.
Wen Sturm bedrängt, den macht es froh,
schafft er’s noch rechtzeitig aufs Klo.
Einspruch, Euer Ehren !
Beim Brünnerstraßler kann ich mangels Erfahrung nicht mitreden, aber schließlich gehört auch die Gegend um Krems (Langenlois z.B.) zum Weinviertel, und über die dort entstehenden wunderbaren Weine lasse ich keine Schmährede kommen !
(Warum der südöstliche Teil Niederösterreichs „Industrieviertel“ heißt, hat sich mir noch nie erschlossen. In Unkenntnis der Region stellt man sich ja dabei so etwas wie den Ruhrpott zu seiner besten Zeit vor …)
btw: „Katarrh“ wäre die korrekte Schreibweise.
Danke für den Hinweis, habs korrigiert.
Langenlois liegt jedoch in südwestlicher Richtung vom Manhartsberg (welcher die Grenze zwischen Wein- und Waldviertel markiert) bzw. am Westufer des Kamptals und mithin per definitionem im Waldviertel.
Die Bezeichnung Industrieviertel ist wohl historisch bedingt, man denke an all die ehemaligen Hammerwerke, Schmiedemühlen und Eisenhütten, an denen man im Piesting- oder Triestingtal vorüberfährt, weil man dazumals die nötigen Rohstoffe, sowie Wasserkraft und reichlich Holz & Kohle zur Befeuerung der frühen Industrien dort in situ vorfand.
Die in obigem Aktenvermerk getätigten Äußerungen haben mich im Oktober 2006 veranlasst, selbigen als Erläuterung des Eintrages „Brünnerstrassler“ in „ostarrichi“ beizufügen.
http://www.ostarrichi.org/wort-2089-Br%C3%BCnnerstrassler.html
Inhaltlich lässt sich demselbigenwelchen nur mehr wenig hinzufügen.